01.04.2019

Präsidium macht Schule im März 2019

Brexit, Fridays for Future, Digitalisierung, EU-Urheberrechtsreform - es gab viel Diskussionsstoff bei den Schulbesuchen der Präsidiumsmitglieder im Monat März. Entsprechend neugierig und diskussionsfreudig begrüßten die jungen Bürgerinnen und Bürger Landtagspräsident André Kuper, Vizepräsidentin Carina Gödecke und Vizepräsident Oliver Keymis in ihren Schulen.

Eingeladen hatten die Gesamtschule Erle in Gelsenkirchen, die Gesamtschule Salzkotten, das Gymnasium Erwitte, die Bertolt-Brecht-Gesamtschule in Löhne und (im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung) das Carolus-Magnus-Gymnasium, die Willy-Brandt-Gesamtschule und die Städtische Realschule  in Übach-Palenberg sowie das Gymnasium Antonianum in Geseke, das sogar die Turnhalle zum Landesparlament umfunktionierte.

Beim Besuch im Städtischen Gymnasium Erwitte am 18.03.2019 gab es eine Premiere: Alle 300 anwesenden Oberstufenschüler (EF, Q1 und Q2) hatten bereits zuvor schon einmal den Landtag besucht. Entsprechend detailliert waren die Fragen an Landtagspräsident André Kuper: Wie entwickelt sich die Kriminalitätsstatistik in NRW? Dürfen wir bald nicht mehr mit Dieselautos fahren? Was tut die Politik, um den Wohnungsmarkt für Studierende zu verbessern? Auch der heimische CDU-Landtagsabgeordnete Jörg Blöming und Bürgermeister Peter Wessel ließen sich den Termin nicht entgehen.

Moderiert wurde die Veranstaltung von den Oberstufenschülern Romy Evers, Josefine Harlinghausen und Nils Roppertz, die vorher schon Fragen der Mitschülerinnen und Mitschüler gesammelt und strukturiert hatten. Besonders lag hierbei den Schülerinnen und Schülern das Thema Digitalisierung am Herzen. So lautete eine Frage an Landtagspräsident Kuper: „Werden wir demnächst nur noch Tablets statt Bücher haben?“ Er hoffe, sagte Landtagspräsident Kuper, dass Tablets in Zukunft nicht allein das Bild in den Klassen bestimmen werden: „Es soll auch noch Bücher geben.“

Zum Abschluss rief er die jungen Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich so früh wie möglich zu engagieren: „Demokratie ist leider nicht mehr selbstverständlich.“ Mit Blick auf den Erfolg  populistischer Parteien überall in Europa fügte er hinzu: „Ihr werdet euch für das hohe Gut der Demokratie noch viel stärker engagieren müssen.“ Ähnlich drückte es auch Bürgermeister Wessel mit Blick auf die freiheitlich demokratische Grundordnung aus: „In zwanzig Jahren seid ihr dafür verantwortlich, dass man bei uns angstfrei leben kann und auch Ängste nicht geschürt werden.“

In den modern ausgestatteten Räumlichkeiten der Oberstufe der Gesamtschule Salzkotten gehört digitales Lernen längst zum Alltag. Und so diskutierten 70 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11 am 11. März 2019 mit dem Landtagsvizepräsidenten Oliver Keymis über Chancen und Risiken der Digitalisierung. Mit dem Statement: „Ich persönlich nutze keine sozialen Netzwerke mehr“, überraschte der Vizepräsident die Jugendlichen, da er sich zuvor durch fundierte Kenntnisse beim Thema Digitalisierung ausgezeichnet hatte.

Bestens informiert zeigten sich die Jugendlichen auch in der Diskussion über die geplante EU-Urheberrechtsreform im Netz und die anhaltenden Proteste um den Artikel 13. Einig waren sich alle darin, dass geistiges Eigentum geschützt werden muss.

Ohnehin waren Demonstrationen das große Thema in der Diskussion mit Oliver Keymis: „Wie stehen Sie zu den Ereignissen im Hambacher Forst?“, hakte ein Schüler nach. „Finden Sie es ok, wenn Schüler für den ,Friday for Future` demonstrieren anstatt in die Schule zu gehen?“, wollte ein anderer wissen. „Das muss und wird unsere Demokratie aushalten. Der Klimawandel ist auch ein großes Problem“, so Oliver Keymis. Allerdings sei auch die Schule wichtig: „Wenn einem etwas am Herzen liegt, engagiert man sich dafür auch in seiner freien Zeit." Das Präsidiumsmitglied appellierte an die 16- bis 17-Jährigen, Schule, Lehre und Studium nicht als selbstverständlich zu sehen. SoWi-Lehrer Dario Trzeziak freute sich über das politische Interesse der Schülerinnen und Schüler sowie das Format der Schulbesuche: „Die aktuelle Politik bietet viele kontroverse Themengebiete, die es wert sind, diskutiert zu werden - direkt mit Politikern.“

Ebenfalls gut vorbereitet zeigten sich die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Erle in Gelsenkirchen. Beim Besuch von Vizepräsidentin Carina Gödecke am 11. März 2019 erklärte die 11-jährige Corinna: „Demokratie heißt, dass man nicht gewalttätig wird und mit guten Worten argumentiert“. Nach einer kurzen Vorstellung zur Arbeit des Landtags, in der  Vizepräsidentin Carinba Gödecke sich nicht nur für ein starkes Europa aussprach, sondern zudem an die Europawahlen im Mai erinnerte, ging es in einer spannenden Diskussion um aktuelle politische Themen. Die zehn- bis zwölfjährigen Jugendlichen wussten dabei nicht nur gut Bescheid, sondern brachten auch eigene Vorschläge ein: „Wenn alle Städte dieser Welt zu einem Land gehörten - dann gäbe es keinen Krieg mehr“, schlug beispielsweise der Schüler Sercan vor. Allerdings sollten dann auch alle eine gemeinsame Sprache beherrschen. Aus diesem Vorschlag entwickelten die Fünf-und Sechst-Klässler die Idee einer „Welt-Familie“.

Besonders wichtig waren den Schülerinnen und Schülern die Themen Gerechtigkeit und Umweltschutz. Damit war auch bei diesem Schulbesuch „Friday for Future“, bei dem Schülerinnen und Schüler während ihrer Unterrichtszeit für den Umweltschutz demonstrieren, ein präsentes Thema.

Sollte es ein Pflichtschulfach „Demokratie-Bildung“ geben oder ist diese eine Querschnittsaufgabe, die fast sämtliche Fächer betrifft? Über diese Frage wurde im Pädagogischen Zentrum in der Comeniusstraße von Übach-Palenberg am 25.März 2019  mit dem Präsidenten des Landtags, André Kuper, angeregt diskutiert.

Eine große Mehrheit der anwesenden 250 Jugendlichen war in diesem Zusammenhang der Ansicht, Jugendliche wüssten nahezu nichts über Politik. Schulleiter Dr. Hans Münstermann hielt dagegen, dass es vor Ort bereits zahlreiche Möglichkeiten zur politiknahen Partizipation gebe: Am Carolus-Magnus-Gymnasium in Übach-Palenberg gibt es ein landesweit einmaliges Pilotprojekt. Entstanden ist dies dank des Förderprogramms "Demokratisch Handeln“. Im Pilotprojekt bietet eine „Fachkraft für demokratische Schul-Entwicklung“ Unterricht in Demokratiebildung an. Die Schülerinnen und Schüler nehmen freiwillig daran teil. Herausgekommen sind schon interessante Projekte, wie beispielsweise ein Anne-Frank-Gedenktag oder der „Kuchentalk“ im Einkaufszentrum (politisches Gespräch gegen Kuchen und Kaffee). Auch stellten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Pilotprojekts gerade zwei Bürgeranträge bei ihrem Bürgermeister Wolfgang Jungnitsch.

André Kuper betonte in Übach-Palenberg, es sei  wichtig, dass Jugendliche sich in Zukunft noch mehr für Demokratie engagierten. Sein Appell an die Schülerinnen und Schüler lautete daher: „Nie den Mut verlieren. Demokratie ist eine anstrengende Staatsform und bedeutet, dicke Bretter zu bohren.“


Zeitgleich diskutierte Landtagsvizepräsidentin Carina Gödecke in der 290 Kilometer entfernten Bertolt-Brecht-Gesamtschule Löhne mit 70 Schülerinnen und Schülern der Q1. Ein wichtiges Thema war hier den Jugendlichen die Digitalisierung an Schulen. „Digitalisierung ist nicht alles, es geht auch um Inhalte“, sagte Vizepräsidentin Gödecke und erinnerte zudem daran, wie schwer es manchmal sein könne, zwischen Fake News und echten recherchierten Fakten zu unterscheiden.

Im Zusammenhang mit ihrem Amt als Vizepräsidentin des Landtags sagte Gödecke, ihr Job als Vizepräsidentin sei vergleichbar mit den Aufgaben eines Schiedsrichters im Fußball. Überparteilich zu bleiben, sei dabei aber nicht immer einfach: „Demokratie ist manchmal schwer auszuhalten.“ Besonders dann, wenn man sehe, wie der Antisemitismus in der Gesellschaft zunehme oder immer noch zu wenig zum Schutz der Umwelt unternommen und damit die Zukunft junger Menschen aufs Spiel gesetzt werde. Stoff, der auch den 17- bis 18-Jährigen spürbar am Herzen lag.

Das Motto der Bertolt-Brecht-Gesamtschule „Lernen durch Engagement“ fügte sich damit nahtlos in die Diskussion ein. Ob in der Klima-AG, dem seit vielen Jahren mit großem Erfolg geführten Schülerbistro McSnack oder der schuleigenen Imkerei - durch Entwicklung und Durchführung von Projekten an der Schule wollen die Schülerinnen und Schüler Gesellschaft mitgestalten. Und zeigen sich damit ganz auf Wellenlänge mit Carina Gödecke: „Arbeit ist mehr als nur Geldverdienen.“ Die Vizepräsidentin rief die Jugendlichen dazu auf, sich weiter zu engagieren, und erinnerte an politische Beteiligungsmöglichkeiten wie den Petitionsausschuss des Landtags oder durch die Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019.

(Foto aus Löhne: B. Haase/ Fotos aus Erwitte, Gelsenkirchen, Übach-Palenberg: D. Dietsch)

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